Fluggastrechte – und die Insolvenz der Fluggesellschaft

Für eine nach Insolvenz der Fluggesellschaft kulanzweise durchgeführte Beförderung bestehen keine Ansprüche nach der Fluggastrechte-Verordnung.

Fluggastrechte – und die Insolvenz der Fluggesellschaft

Nach einer Insolvenz kulanzweise durchgeführte Beförderungen von Passagieren, die ihre Tickets vor Insolvenz bezahlt haben, sind als „kostenlos“ im Sinne der EU-Fluggastrechte-VO zu werten. Fluggäste, die kostenlos reisen, haben keine Ansprüche nach der EU-Fluggastrechte-VO. Der bezahlte Flugpreis steht der Wertung als kostenlos nicht entgegen; er wandelt sich nach Insolvenzeröffnung in eine Insolvenzforderung. 

Mit dieser Begründung hat aktuell das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ein entsprechendes klageabweisendes Urteil des Landgerichts Darmstadt[1] bestätigt und die hiergegen gerichtete Berufung des Fluggastes zurückgewiesen:

In dem entschiedenen Fall buchte der Fluggast  bei der Fluggesellschaft im April 2019 eine Flugreise von Frankfurt auf die Seychellen. Der Hinflug sollte am 03.01.2020 und der Rückflug am 04.04.2020 erfolgen. Im Dezember 2019 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Fluggesellschaft eröffnet. Die Fluggesellschaft entschloss sich, aus Kulanz und um ihren guten Ruf zu wahren, Passagiere mit vor der Insolvenzantragstellung bezahlten Tickets dennoch zu befördern. Der Hinflug wurde aufgrund eines technischen Defektes am Flugzeug um einen Tag verspätet durchgeführt. Den Rückflug buchte die Fluggesellschaft wegen der Covid-19-Pandemie mehrfach um. Vor dem letztlich für den 08.10.2020 in Aussicht gestellten Rückflug der Fluggesellschaft organisierte sich der Fluggast am 01.08.2020 eine alternative Beförderung. Er begehrt nunmehr Erstattung der Hotelkosten i. H. v. 4.000 € für die Zeit vom 04.04. bis 01.08.2020, hälftige Erstattung des Rückfluges und Entschädigung wegen des verzögerten Hinflugs. Das Landgericht Darmstadt hatte die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main keinen Erfolg:

Der Fluggast könne, so das Oberlandesgericht, keinen Entschädigungsanspruch hinsichtlich des verzögerten Hinflugs und des mehrfach verschobenen Rückflugs nach der EU-Fluggastverordnung geltend machen. Wegen der Insolvenz der Fluggesellschaft sei der ursprüngliche Beförderungsanspruch zu einer Insolvenzforderung geworden; es habe nach der Insolvenzeröffnung daher kein durchsetzbarer Anspruch mehr auf Durchführung des Fluges bestanden. Die  aus Kulanz gewährte Beförderung sei damit als „kostenlos“ im Sinne der Fluggastrechte-VO einzustufen. Fluggäste, die kostenlos reisten, seien von der Verordnung ausgenommen. Sie könnten keine Ausgleichsansprüche geltend machen. Ausgleichsansprüche, die keinen Vermögensschaden voraussetzten, sondern dem Ausgleich von „Ärgernissen und Unannehmlichkeiten“ dienten, bestünden nur im Fall der Entgeltlichkeit.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20. Juli 2022 – 13 U 280/21

  1. LG Darmstadt, Urteil vom 18.08.2022 – 28 O 43/21[]