Beruft sich der Reisende zur Begründung eines Reisemangels darauf, dass während seines Aufenthalts nachts teils mehrmals pro Stunde Flugzeuge in niedrigem Abstand über das von ihm gebuchte Hotel geflogen seien, wodurch seine Nachtruhe erheblich beeinträchtigt worden sei, ist sein Vorbringen zwar noch hinreichend vollständig im Sinne von § 138 Abs. 1 ZPO. Unter diesen Umständen genügt aber auch ein einfaches Bestreiten des Reiseveranstalters den Anforderungen des § 138 Abs. 2 ZPO.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall nimmt der Reisende die Reiseveranstalterin einer Flugpauschalreise wegen Reisemängeln auf Rückzahlung des Reisepreises in Anspruch. Der Reisende buchte für sich und seine Familie für die Zeit von 30.05.bis 13.06.2018 eine Reise auf die Insel Kos mit Hotelunterbringung. Er hat geltend gemacht, der Reisepreis in Höhe von 5.276 Euro sei wegen verschiedener Mängel um 100 % zu mindern.
Das Landgericht Hannover hat die Reiseveranstalterin unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an den Reisenden wegen Mängeln an der Ausstattung des Hotelzimmers 492, 43 Euro nebst Zinsen zu zahlen[1]. Das Oberlandesgericht Celle hat unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels auch wegen Beeinträchtigungen durch nächtlichen Fluglärm einen Gesamtminderungsbetrag in Höhe von 1.500 Euro nebst Zinsen als angemessen angesehen[2]. Auf die Revision der Reiseveranstalterin hat der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil unter Zurückverweisung an das Oberlandesgericht insoweit aufgehoben, als die Reiseveranstalterin zur Zahlung eines über bereits erstinstanzlich zugesprochenen 492, 43 Euro hinausgehenden Betrags nebst Zinsen verurteilt worden ist:
Zu Recht hat das Oberlandesgericht Celle den Vortrag des Reisenden dazu, dass der Hotelaufenthalt durch nächtlichen Fluglärm erheblich beeinträchtigt worden sei, als hinreichend substantiiert angesehen.
Sachvortrag zur Begründung eines Klageanspruchs ist dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen. Der Vortrag muss konkret genug sein, um die Erheblichkeit der Tatsachen beurteilen zu können und eine Stellungnahme des Gegners zu ermöglichen[3]. Ob und in welchem Ausmaß die Angabe näherer Einzelheiten erforderlich ist, hängt von den konkreten Umständen ab. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, welche Angaben der darlegungsbelasteten Partei zumutbar und möglich sind[4].
Nach dieser Maßgabe ist das Vorbringen des Reisenden hinreichend substantiiert.
Das Oberlandesgericht Celle hat festgestellt, dass das in der Nähe des Flughafens liegende Hotel auch nachts von Flugzeugen überflogen wurde. Zwischen den Parteien ist lediglich streitig, in welchem Umfang dies während des Urlaubsaufenthalts des Reisenden geschah und in welcher Intensität sich hieraus Lärmbelästigungen ergaben.
Nach dem vom Oberlandesgericht Celle wiedergegebenen Vortrag des Reisenden hat dieser hierzu geltend gemacht, während seines Aufenthalts seien auch nachts teils mehrmals pro Stunde Flugzeuge in niedrigem Abstand über die Hotelanlage geflogen. Die Nachtruhe des Reisenden sei durch massiven Fluglärm erheblich beeinträchtigt worden.
Entgegen der Auffassung der Reiseveranstalterin ist der Vortrag des Reisenden nicht deshalb als unzureichend anzusehen, weil er detaillierte Angaben dazu vermissen lässt, wie viele Flugzeuge an welchen Tagen in welcher Höhe über die Hotelanlage geflogen seien und welche Lärmimmissionen im Freien bzw. im Hotelzimmer bei geschlossenem Fenster hierdurch hervorgerufen worden seien.
Solche Angaben waren dem Reisenden nicht zumutbar. Der Reisende war nicht gehalten, Buch über die Zahl der Flüge oder die genauen Uhrzeiten zu führen. Zudem erforderten genauere Angaben zur Flughöhe und zur Intensität der Lärmeinwirkung den Einsatz von Messgeräten und besondere Sachkunde, über die der Reisende nicht verfügte. Angesichts dessen waren die Angaben des Reisenden zur Häufigkeit nächtlicher Überflüge und zur Lärmeinwirkung noch hinreichend.
Mit Erfolg wendet sich die Reiseveranstalterin jedoch gegen die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle, die Reiseveranstalterin habe das Vorbringen des Reisenden nicht in erheblicher Weise bestritten.
Gemäß § 138 Abs. 2 ZPO hat sich eine Partei über die von ihrem Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären.
Dabei hängen die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden zunächst davon ab, wie substantiiert der darlegungspflichtige Gegner – hier der Reisende – vorgetragen hat. Angesichts des nicht näher konkretisierten Vorbringens des Reisenden war die Reiseveranstalterin nicht gehalten, näher darzulegen, in welchen Intervallen Flugzeuge während des Urlaubsaufenthalts des Reisenden nachts über das Hotel flogen und wie intensiv der hieraus resultierende Lärm in dem von ihm bewohnten Zimmer wahrzunehmen war.
Die Reiseveranstalterin war auch nicht gehalten, weitere Informationen einzuholen.
Eine Obliegenheit der Partei, auf Behauptungen des Prozessgegners substantiiert, d.h. mit näheren positiven Angaben zu erwidern, soll ihr Bestreiten beachtlich sein, kann in Betracht kommen, wenn die primär darlegungsbelastete Partei keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen[5]. Dabei kann ihn die Obliegenheit treffen, Nachforschungen zu unternehmen und Informationen von Personen einzuholen, die unter seiner Anleitung, Aufsicht oder Verantwortung tätig geworden sind, wenn und soweit ihm dies zumutbar ist[6].
Auch bei Berücksichtigung dieser Grundsätze war das einfache Bestreiten der Reiseveranstalterin ausreichend.
Die Reiseveranstalterin hat keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände. Hinsichtlich der Intensität des nächtlichen Verkehrs auf dem Flughafen Kos während der Reisezeit des Reisenden unterscheidet sich ihr Informationsstand nicht von demjenigen des Reisenden. Angaben über die Häufigkeit nächtlicher Flugbewegungen mögen vom Betreiber des Flughafens auf Kos zu erlangen sein, doch rechnet dieser nicht zum Verantwortungsbereich der Reiseveranstalterin.
Die Auswirkungen, die sich aus nächtlichen Flugbewegungen auf das Hotel ergeben, in dem sich der Reisende aufgehalten hat, sind im Übrigen nicht stetig, wie dies etwa bei Mängeln betreffend den baulichen Zustand einer Hotelanlage der Fall sein kann, sondern hängen in erheblichem Umfang von wechselnden Umständen, insbesondere dem saisonalen Einflüssen unterliegenden Flugplan, der Windrichtung sowie den sonstigen Wetterverhältnissen ab. Unter diesen Umständen war im Streitfall seitens der Reiseveranstalterin eine Nachfrage, etwa beim Hotelbetreiber oder der örtlichen Reiseleitung, nicht geboten.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Celle stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
Das Oberlandesgericht Celle hat zutreffend entschieden, dass § 651d Abs. 2 BGB einem Anspruch des Reisenden auf Minderung nicht entgegensteht, weil der Reiseveranstalterin eine Abhilfe nicht möglich war. Hiergegen erinnert die Reiseveranstalterin nichts.
Die Angaben in dem der Buchung zugrundeliegenden Reisekatalog, wonach die Entfernung vom Hotel zum Flughafen neun Kilometer und die Transferzeit 30 Minuten betragen, dürften sich insbesondere im Hinblick darauf, dass das vom Reisenden gebuchte Hotel in der Einflugschneise des Flughafens liegt, als unzureichend erweisen, wenn das Vorbringen des Reisenden bewiesen würde.
Entgegen der Auffassung der Reiseveranstalterin sind Angaben des Reiseveranstalters über mögliche Beeinträchtigungen durch Fluglärm nicht deshalb entbehrlich, weil der Reisewillige die Möglichkeit hat, sich Informationen über die Lage eines von ihm für eine Reise ins Auge gefassten Hotels und dessen nähere Umgebung zu beschaffen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Februar 2022 – X ZR 97/20
- LG Hannover, Urteil vom 24.10.2019 – 8 O 19/19[↩]
- OLG Celle, Uteil vom 15.10.2020 – 11 U 175/19, RRa 2021, 62 = MDR 2021, 23[↩]
- BGH, Urteil vom 25.09.2018 – VI ZR 234/17, NJW 2019, 607 Rn. 8[↩]
- BGH, Versäumnisurteil vom 04.02.2021 – III ZR 7/20, NJW 2021, 1759 Rn. 18[↩]
- BGH, Urteil vom 12.06.2007 – X ZR 87/06, RRa 2007, 215, Juris-Rn. 46[↩]
- BGH, Urteil vom 07.12.1998 – II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158, Juris-Rn. 11; Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 256/14, NJW-RR 2016, 1251 Juris-Rn.20; Urteil vom 25.05.2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Juris-Rn. 36 f.[↩]