Die Überlassung der von anderen Unternehmen angemieteten Ferienwohnungen unterliegt auch dann der Margenbesteuerung nach § 25 UStG, wenn darüber hinaus lediglich als Nebenleistung einzustufende Leistungselemente erbracht werden. Ob der Unternehmer eine Leistung in eigener Verantwortung übernimmt (Reiseveranstalter) oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt (Reisevermittler), richtet sich im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls.

In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall betrieb der Vermieter ein Einzelunternehmen unter der Firma „C-Club“. Im Rahmen seines Unternehmens bot er in Italien belegene Urlaubsunterkünfte (Hotelzimmer, Appartements, Ferienwohnungen) zur Nutzung an. Dabei buchte er die in einem Prospekt angebotenen Unterkünfte überwiegend erst bei Bedarf. Die Kunden entrichteten die Mieten an ihn; er leitete sie an die Eigentümer und Vermieter der Unterkünfte weiter und zog hiervon seine „Provision“ ab. Diese behandelte er als steuerfreien Umsatz, da er davon ausging, dass er lediglich als Vermittler für die Wohnungseigentümer in Italien tätig sei. Der Bundesfinanzhof sah dies im Anschluss an eine von ihm eingeholte[1] Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union[2] anders:
Mit der Vermietung von angemieteten Ferienwohnungen im eigenen Namen erbrachte der Vermieter Reiseleistungen, die der Margenbesteuerung nach § 25 UStG unterliegen.
Nach § 25 Abs. 1 UStG gelten die nachfolgenden Vorschriften für Reiseleistungen eines Unternehmers, die nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers bestimmt sind, soweit der Unternehmer dabei gegenüber dem Leistungsempfänger im eigenen Namen auftritt und Reisevorleistungen in Anspruch nimmt. Die Leistung des Unternehmers ist als sonstige Leistung anzusehen. Erbringt der Unternehmer an einen Leistungsempfänger im Rahmen einer Reise mehrere Leistungen dieser Art, so gelten sie als eine einheitliche sonstige Leistung. Der Ort der sonstigen Leistung bestimmt sich nach § 3a Abs. 1 UStG. Reisevorleistungen sind Lieferungen und sonstige Leistungen Dritter, die den Reisenden unmittelbar zugutekommen.
Unionsrechtliche Grundlage dieser Norm ist Art. 306 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28.11.2006 (MwStSystRL). Danach wenden die Mitgliedstaaten auf Umsätze von Reisebüros die Mehrwertsteuer-Sonderregelung dieses Kapitels an, soweit die Reisebüros gegenüber dem Reisenden in eigenem Namen auftreten und zur Durchführung der Reise Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen anderer Steuerpflichtiger in Anspruch nehmen. Diese Sonderregelung gilt nicht für Reisebüros, die lediglich als Vermittler handeln und auf die zur Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage Art. 79 Buchst. c MwStSystRL anzuwenden ist.
Der Vermieter erbrachte in den Streitjahren Reiseleistungen.
Eine Reiseleistung i.S. des § 25 Abs. 1 UStG liegt nicht nur bei einem Leistungsbündel vor, sondern auch dann, wenn der Unternehmer nur eine Leistung -wie im Streitfall die Weitervermietung von Ferienwohnungen- erbringt[3].
Es führt somit nicht zum Ausschluss der Leistungen eines Reisebüros oder Reiseveranstalters vom Anwendungsbereich des Art. 306 bis 310 MwStSystRL, wenn sich diese darauf beschränken, dem Reisenden lediglich eine Ferienwohnung zur Verfügung zu stellen. Der Unionsgerichtshof hatte im Urteil Van Ginkel[4] entschieden und nunmehr auf Vorlage des Bundesfinanzhofs im Urteil Alpenchalets Resorts[5] bestätigt, dass „der Sonderregelung für Reisebüros gem. Art. 306 – 310 MwStSystRL … die bloße Überlassung einer von einem anderen Steuerpflichtigen angemieteten Ferienwohnung durch ein Reisebüro oder eine solche Überlassung einer Ferienwohnung mit zusätzlichen, als Nebenleistung einzustufenden Leistungselementen unabhängig von dem Stellenwert dieser zusätzlichen Leistung als jeweils einheitliche Leistung der Sonderregelung für Reisebüros“ unterliegt[5].
Die umstrittene Frage, ob es sich bei den zusätzlichen Leistungen des Vermieters um wesentliche (selbständige) Leistungsbestandteile oder lediglich um Nebenleistungen handelt, ist somit für das Vorliegen einer Reiseleistung nicht entscheidungserheblich.
Der Vermieter hat im hier entschiedenen Fall diese Leistungen auch im Rahmen seines Unternehmens an Privatkunden und damit an Leistungsempfänger erbracht, die diese Leistungen nicht für ihr Unternehmen verwendet haben. Dabei ist er gegenüber den Kunden auch im eigenen Namen aufgetreten und nicht nur als Vermittler für die Eigentümer der Ferienwohnungen.
Für die Bestimmung der Leistungen und der Leistungsbeziehungen folgt das Umsatzsteuerrecht grundsätzlich dem Zivilrecht[6]. Dies gilt auch bei Reiseleistungen[7].
Im Hinblick darauf, dass eine Vermittlungsleistung ein Handeln in fremdem Namen erfordert, kommt es für die Abgrenzung maßgeblich darauf an, wie der Unternehmer nach außen (gegenüber den Reisenden) auftritt[8]. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln, dann unbeachtlich bleibt, wenn er sich nicht aus einer Erklärung des Handelnden oder aus den Umständen ergibt (vgl. § 164 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Offenkundigkeitsgrundsatz). Es muss somit für den Leistungsempfänger objektiv erkennbar sein, dass der Handelnde in fremdem Namen auftreten und das Geschäft abschließen will[9]. Gibt der Unternehmer nicht eindeutig zu erkennen, dass er für einen anderen (den Leistungsträger) als dessen Vertreter handeln will, so leistet nur er und nicht der Vertretene[10]. In der Regel hat dies durch die Prospektgestaltung und durch klare Hinweise außerhalb seiner AGB zu geschehen[11].
Die Entscheidung, ob der Unternehmer eine Leistung in eigener Verantwortung übernimmt oder eine fremde Leistung lediglich vermittelt, ist im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach dem Gesamtbild des Einzelfalls zu treffen und obliegt daher der Würdigung des Finanzgericht[12].
In Anwendung dieser Grundsätze hat das Finanzgericht Nürnberg in der Vorinstanz[13] eine Fülle von Umständen festgestellt, aufgrund derer es zur Überzeugung gelangt ist, dass der Vermieter gegenüber den Reisenden als Leistender aufgetreten ist und nicht lediglich als Vermittler. Dabei hat es zutreffend darauf abgestellt, dass die Aufmachung des Katalogs der eines klassischen Reiseveranstalters entspricht. Dieser vermittle Kunden den Eindruck, dass der Vermieter sein Vertragspartner werde. Zur Bestätigung dieses Eindrucks konnte das Finanzgericht die Aussage der Zeugin berücksichtigen, wonach der Vermieter befürchtet habe, Kunden zu verlieren, wenn er sich als bloßer Vermittler ausgegeben hätte, weil die Kunden einen Vertragspartner in Deutschland gewünscht hätten.
Bei seiner Würdigung hat das Finanzgericht zudem die AGB des Vermieters berücksichtigt, in denen durchweg der Eindruck vermittelt wird, dass der Vermieter der Reiseveranstalter sei. Denn nach Nr. 1 der AGB kommt der Reisevertrag mit dem Vermieter zustande. Er behält grundsätzlich den Anspruch auf den Reisepreis, wenn der Reisende die Reiseleistungen ganz oder teilweise nicht in Anspruch nimmt, während er den Anspruch auf den Reisepreis im Falle der Vertragskündigung verliert (Nrn. 6 und 7 der AGB). Schließlich wird der Reisende auch hinsichtlich der Gewährleistungsrechte auf den Vermieter verwiesen (Nrn. 9a, 9c, 9d, 10a, 10b, 12a der AGB).
Soweit die Buchungsbestätigungen die Namen der „Vermieter“ enthalten, konnte das Finanzgericht dies als nicht hinreichend für ein Auftreten des Vermieters als Vertreter erachten, da es sich lediglich um „Bestätigungen“ eines vorausgegangenen Vertragsschlusses handelt. Hieraus folgert das Finanzgericht zu Recht, dass die Kunden zum maßgeblichen Zeitpunkt die Daten des „Vermieters“ noch nicht kannten.
An diese tatsächliche Würdigung des Finanzgericht ist der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen ist, nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt und möglich ist[14]. Soweit der Vermieter unter Hinweis auf seine Ausführungen in der Klageschrift geltend macht, er sei ausweislich der Buchungsbestätigungen lediglich Vermittler für die Wohnungseigentümer gewesen, würdigt er den Sachverhalt lediglich anders, macht aber nicht geltend, dass die Würdigung des Finanzgericht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen wäre.
Soweit die Anwendbarkeit der Sonderregelung für Reisebüros nach dem Wortlaut des Art. 306 Abs. 1 MwStSystRL und dem EuGH-Urteil Alpenchalets Resorts[15] erfordert, dass der Erbringer der Reisevorleistung selbst Steuerpflichtiger (Unternehmer) ist, liegen keine Anhaltspunkte für Leistungsbezüge von Nichtunternehmern vor[16]. Eine wirtschaftliche und damit unternehmerische Tätigkeit wird insbesondere durch die Nutzung von körperlichen und nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen (vgl. Art. 9 Abs. 1 Satz 3 MwStSystRL) und daher auch durch die mehrfache Vermietung einer Ferienwohnung begründet[17].
Im Hinblick darauf, dass die Voraussetzungen des § 25 UStG als lex specialis vorliegen, kommt es auf die Frage eines Handelns auf eigene Rechnung im Rahmen der Dienstleistungskommission[18] nicht mehr an.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. August 2019 – V R 12/19 (V R 9/16)
- BFH, Beschluss vom 03.08.2017 – V R 60/16, BFHE 258, 558, BStBl II 2018, 37[↩]
- EuGH, Urteil Alpenchalets Resorts vom 19.12.2018 – C-552/17, EU:C:2018:1032[↩]
- vgl. zuletzt BFH, Urteile vom 27.03.2019 – V R 10/19, DStR 2019, 1039; sowie vom 07.10.1999 – V R 79, 80/98, BStBl II 2004, 308; BFH, Beschluss vom 21.01.1993 – V B 95/92, BFH/NV 1994, 346[↩]
- EuGH, Urteil Van Ginkel vom 12.11.1992 – C-163/91, EU:C:1992:435[↩]
- EuGH, Urteil Alpenchalets Resorts, EU:C:2018:1032, Leitsatz 1[↩][↩]
- BFH, Urteile vom 12.05.2011 – V R 25/10, BFH/NV 2011, 1541, unter II. 1.a; vom 07.07.2005 – V R 60/03, BFH/NV 2006, 139; vom 25.05.2000 – V R 66/99, BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310; vom 16.03.2000 – V R 44/99, BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361; vom 13.03.1987 – V R 33/79, BFHE 149, 313, BStBl II 1987, 524; BFH, Beschluss vom 20.02.2004 – V B 152/03, BFH/NV 2004, 833[↩]
- BFH, Urteil vom 16.03.1995 – V R 128/92, BFHE 177, 527, BStBl II 1995, 651[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 19.01.1967 – V 52/63, BStBl III 1967, 211; BFH, Beschlüsse in BFH/NV 2004, 833, Leitsatz 1; und vom 17.10.2003 – V B 111/02, BFH/NV 2004, 235; BFH, Urteil in BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361; Nieskens in: Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 1 UStG Rz 538, 601 ff.; Wagner in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 25 Rz 17[↩]
- Nieskens, a.a.O., Rz 601[↩]
- Hessisches FG, Urteil vom 28.11.2001 – 6 K 5472/99; FG Niedersachsen, Urteil vom 24.03.2011 – 5 K 59/09; FG Münster vom 22.10.2002 – 15 K 4323/99 U[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BStBl III 1967, 211, Rz 10; FG Münster vom 22.10.2002 – 15 K 4323/99 U; und FG Düsseldorf, Urteil vom 19.01.2007 – 1 K 5925/04 U, EFG 2007, 717[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 191, 458, BStBl II 2004, 310, unter II. 2.a; Nieskens, a.a.O., Rz 602; Wagner in Schwarz/Widmann/Radeisen, § 25 Rz 19[↩]
- FG Nürnberg, Urteil vom 07.07.2015 – 2 K 261/13[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 29.04.2008 – VIII R 28/07, BFHE 220, 332, BStBl II 2009, 842; und vom 28.05.2013 – XI R 44/11, BFH/NV 2013, 1409[↩]
- EuGH, Urteil Alpenchalets Resorts, EU:C:2018:1032, Rz 20[↩]
- vgl. hierzu BFH, Urteil in DStR 2019, 1039, unter II. 1.c, Rz 18 a.E.[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Enkler vom 26.09.1996 – C-230/94, Slg. 1996, I-4517, EU:C:1996:352, zur Vermietung eines Wohnmobils; BFH, Urteil vom 18.03.1988 – V R 178/83, BFHE 153, 166, BStBl II 1988, 646; Wäger in Birkenfeld/Wäger, Umsatzsteuer-Handbuch, Kap.03. A., § 2 Abs. 1, Rz 101[↩]
- BFH, Beschluss vom 15.07.2011 – XI B 71/10, BFH/NV 2011, 1929[↩]
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