Schmerzensgeld für die minderjährige Shisha-Konsumentin

Der Betreiber einer Gaststätte ist verpflichtet, sich so zu verhalten, dass Körper, Leben und sonstige Rechtsgüter der Gäste nicht verletzt werden. Auf die Wirksamkeit eines beabsichtigten oder abgeschlossenen Vertrages kommt es dabei nicht an. Die ungeprüfte Abgabe einer Shisha an eine Minderjährige verstößt gegen die Bestimmungen des Jugendschutzes.

Schmerzensgeld für die minderjährige Shisha-Konsumentin

Mit dieser Begründung bestätigte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main jetzt die Berufung gegen ein Urteil des Landgerichts Limburg[1] verworfen[2], mit dem der Betreiber wegen der erlittenen Kohlenmonoxid-Vergiftung der Minderjährigen zu einer Schmerzensgeldzahlung i.H.v. 6.400 € verurteilt worden war.

Die Gastwirtin betreibt einen Pub in Hessen. Die damals minderjährige Besucherin suchte das Lokal auf, um gemeinsam mit ihrer Freundin eine Shisha zu rauchen. Dabei erlitt sie eine Kohlenmonoxid-Vergiftung. Sie litt an Atemnot und Schwindel und wurde zur Erstversorgung in eine Klinik gebracht. Nach mehrtägiger stationärer Behandlung musste die Besucherin mindestens elf kardiologische Termine wahrnehmen. Sie war mehrere Monate zu keinerlei körperliche Aktivitäten in der Lage. Noch ein Jahr nach dem Vorfall konnte sie keine gesteigerten körperlichen Aktivitäten wie Sport oder weite Spaziergänge durchführen. Ob ihre vollständige Leistungsfähigkeit wiederhergestellt werden kann, ist gegenwärtig unklar.

Die Besucherin verlangte Schmerzensgeld i.H.v. 8000 €, da die Mitarbeiter sie weder nach ihrem Alter gefragt noch eine korrekte Einweisung in die sachgerechte Benutzung der Shisha vorgenommen hätten. Das Landgericht hat die Gastwirtin zur Zahlung eines Schmerzensgelds i.H.v. 6400 € verurteilt.

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Gastwirtin habe die sie treffenden Schutz- und Rücksichtspflichten verletzt. Diese Pflichten bestünden unabhängig davon, ob der Vertrag im Hinblick auf die Minderjährigkeit der Besucherin wirksam zustandegekommen sei. Die Gastwirtin habe eine Pflichtverletzung begangen, da die Mitarbeiter ihres Lokals den Konsum tabakhaltiger Erzeugnisse ohne vorherige Alterskontrolle gestatteten. Sie hätten jedoch die Bestimmungen des Jugendschutzes einhalten müssen. Demnach dürfen in Gaststätten Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse an Kinder oder Jugendliche weder abgegeben noch darf ihnen das Rauchen oder der Konsum nikotinhaltiger Produkte gestattet werden. Dies gelte auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas. Nach der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass die Besucherin ohne vorherige Alterskontrolle eine Shisha bestellt und erhalten habe. Ebenfalls sei bewiesen worden, dass die Besucherin einen Krampfanfall erlitten habe.

Der Umstand, dass die Freundin der Besucherin selbst symptomfrei geblieben sei, stehe dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht entgegen. Es sei vielmehr ohne Weiteres nachvollziehbar, dass mehrere Personen unterschiedlich reagieren können, etwa, weil sie verschieden stark an einer Shisha ziehen, durch einen anderen Schlauch oder eine andere Öffnung mehr Kohlenmonoxid ausgesetzt werden oder die Kohlenmonoxidbelastung unterschiedlich gut vertragen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 11. Juli 2022 – 6 U 148/21

  1. LG Limburg, Urteil vom 28.06.2021 – 2 O 216/20[]
  2. vgl. auch OLG Frankfurt a.M., Hinweisbeschluss vom 14.06.2022 – 6 U 148/21[]