Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung

Der Bundesgerichtshof hat sich im Streit um die gerichtliche Zuständigkeit für Ansprüche auf Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung gegen ein Luftfahrtunternehmen, das seinen Sitz nicht in der Europäischen Union hat, auf die Seite der betroffenen Kunden gestellt und einen Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht, wenn die Flugreise in Deutschland begann bzw. beginnen sollte.

Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung

Die Kläger des jetzt vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreits verlangen von dem beklagten Luftfahrtunternehmen, das seinen Hauptsitz in den Vereinigten Staaten von Amerika hat, unter anderme eine Ausgleichzahlung in Höhe von jeweils 600 € nach Artikel 5 und 7 der EU-Fluggastrechteverordnung. Die Kläger buchten bei der Beklagten einen Flug von Frankfurt am Main in die USA. Wegen eines Defekts des Flugzeugs wurde der Flug jedoch annulliert und die Kläger konnten erst am nächsten Tag in die USA fliegen.

Das erstinstanzlich mit der Klage befasste Amtsgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen, weil es sich für international nicht zuständig gehalten hat[1]. Auf die Berufung der Kläger hat dagegen das Oberlandesgeircht Frankfurt am Main die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht und das beklagte Luftfahrtunternehmen zur Ausgleichszahlung nebst Zinsen verurteilt[2].

Hiergegen wandte sich die amerikanische Fluggesellschaft zum Bundesgerichtshof, der nun jedoch die Revision in der Hauptsache zurückgewiesen hat. Wenn ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz außerhalb der Europäischen Union gestützt auf die EU-Fluggastrechteverordnung auf Ausgleichszahlung in Anspruch genommen wird, sind bei einem geplanten Abflug aus Deutschland die hiesigen Gerichte zuständig, entschied der Bundesgerichtshof.

Die internationale Zuständigkeit ist in diesem Fall regelmäßig nicht nach Unionsrecht und daher nicht nach der EU-Zuständigkeitsverordnung zu bestimmen. Entscheidend sind vielmehr die Zuständigkeitsregeln der Zivilprozessordnung. In Fällen, in denen – wie hier – der vertragsgemäße Abflug von einem Flughafen in Deutschland erfolgen sollte, besteht für den Anspruch auf Ausgleichszahlung nach der EU-Fluggastrechteverordnung an diesem Ort der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsortes im Sinne des § 29 Absatz 1 ZPO. Der Anspruch auf Ausgleichszahlung ist nach Unionsrecht ausgestaltet und damit unabhängig von der der Beförderung zugrunde liegenden vertraglichen Beziehung. Daher ist die Frage, wo die streitige Verpflichtung zu erfüllen ist, anhand unionsrechtlicher und nicht nach vertragsrechtlichen Maßstäben zu beantworten. Zur Bestimmung des Erfüllungsortes ist deshalb der Rechtsgedanke von Artikel 5 Nr. 1 Buchst. b, 2. Spiegelstrich der EU-Zuständigkeitsverordnung heranzuziehen. Danach kann die Klage auf Ausgleichszahlung gestützt auf die EU-Fluggastrechteverordnung am Ort der vertragsgemäßen Leistungserbringung und damit auch am Abflugort erhoben werden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 2011 – X ZR 71/10

  1. AG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.04.2009 – 29 C 2033/08-73[]
  2. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 22.04.2010 – 16 U 84/09[]